Einige Kilometer nordwestlich von Freudenstadt liegt die Gemeinde Baiersbronn im Nordschwarzwald. Gemessen an der Fläche ist sie nach der Landeshauptstadt Stuttgart die zweitgrößte Gemeinde des Landes Baden-Württemberg. Bekannt ist Baiersbronn aber nicht in erster Linie hierfür, sondern vor allem für seine Spitzengastronomie. Die Anzahl an Sterne-Restaurants auf so kleinem Raum ist deutschlandweit nirgendwo größer als in dem Dorf im Schwarzwald.
Baiersbronn und der Stöckerkopf
Doch auch in Sachen Seilbahnen hat Baiersbronn eine äußerst interessante Anlage zu bieten. Südwestlich des Dorfkerns führt eine Sesselbahn von der Nordseite auf den Stöckerkopf. Bereits in den Jahren vor dem Bau der Anlage hatte sich der Nordschwarzwald zu einem Eldorado für Freunde des Skisports entwickelt. Die Höhenzüge des Mittelgebirges eigneten sich vorzüglich für schneereiche Abfahrten in den Wintermonaten. Zu Beginn der 50er Jahre folgten entlang der Schwarzwaldhochstraße die ersten seilgezogenen Aufstiegshilfen in Form von Skiliften. Auch auf dem Gemeindegebiet von Baiersbronn entstand 1959 mit dem Schlepplift am Ruhestein die erste solche Anlage.
Um aber auch etwas näher am Dorf Skibetrieb zu ermöglichen, forcierte man Mitte der 60er Jahre den Bau der Sesselbahn auf den Stöckerkopf. Die Nordhänge versprachen in den damals schneereichen Wintern beste Pistenverhältnisse. Doch auch im Sommer sollte die Anhöhe für Wanderer und Erholungssuchende ein lohnenswertes Ziel darstellen. Der Ausblick über Baiersbronn und die Höhenzüge des Schwarzwaldes konnte mit der Sesselbahn fortan ohne Anstrengung erreicht werden.
Ein Oldtimer von PHB
Der Auftrag ging an die deutschlandweit tätige Firma PHB, die wenige Jahre zuvor aus den drei namhaften Seilbahnherstellern Pohlig, Heckel und Bleichert entstanden war. Fix geklemmte Sesselbahnen, die vor allem der Kölner Hersteller Pohlig seit den 50er Jahren an zahlreichen Orten erstellen konnte, wurden auch nach der Fusion nach dessen Konstruktionsplänen errichtet. Die Sesselbahn am Stöckerkopf ist daher eine typische Anlage, die die Handschrift der Firma Pohlig trägt. 1966 öffnet die Bahn schließlich ihre Pforten und erfreut sich in der Folge großer Beliebtheit.
210 Höhenmeter überwinden die zweiplätzigen Sessel, bis die Bergstation in knapp 780 Metern über dem Meer erreicht ist. 675 Meter Strecke legen sie dabei zurück. Bei einer Fahrgeschwindigkeit von 2 Metern in der Sekunde nimmt eine Fahrt knapp sechs Minuten in Anspruch. 600 Personen können maximal je Stunde und Richtung befördert werden. Entlang der Sesselbahn führt eine für Mittelgebirgsverhältnisse zeitweise recht anspruchsvolle Skiabfahrt zurück ins Tal.
Betriebseinstellung Ende 2018
Die geringe Höhenlage macht der Sesselbahn am Stöckerkopf in den späteren Jahren jedoch immer häufiger Probleme. Skibetrieb ist nur noch an wenigen Tagen im Jahr möglich, dafür ist der Sommerbetrieb nach wie vor erfolgreich. Mit Ende der Sommersaison 2018 soll die altehrwürdige Sesselbahn allerdings dauerhaft eingestellt werden. Für einen Weiterbetrieb wären größere Umbauten erforderlich, sodass sich der Betreiber für die Aufgabe des Sesselbahnbetriebs entschieden hat.
Damit verliert nicht nur Baiersbronn ein Aushängeschild. Auch aus seilbahntechnischer Sicht ist die Stilllegung einer der letzten im Originalzustand erhaltenen Sesselbahnen von PHB äußerst schade. Wer die Möglichkeit hat, sollte daher die letzte Chance nutzen und der Sesselbahn am Stöckerkopf bis Anfang November 2018 einen Besuch abzustatten.
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Felix ist Fotograf und Autor, spezialisiert auf Landschafts- und Reisefotografie und zu Hause im Saarland und der ganzen Welt. Wenn er nicht gerade in der Natur oder den Bergen unterwegs ist, schreibt er hier über seine Reisen, die Fotografie oder über sein liebstes Fortbewegungsmittel, die Seilbahn.