Entgegen jeder Erwartungen nach der Prognose vom Vortag begrüßen mich am Morgen einige Wolken, aber statt Regen scheint zwischen den Wolken die Sonne hindurch. Doch es ist scheinbar nicht unüblich, dass an der Ostküste der Nordinsel häufig besseres Wetter herrscht als im Zentrum. So stelle ich mich dennoch auf starken Regen auf der weiteren Fahrt nach Taupo ein. Um das halbwegs gute Wetter noch auszunutzen, fahre ich spontan nach Napier. Das bedeutet einen Umweg von rund 20 Kilometern.
Ernüchterung in Napier
In meinem Reiseführer ist Napier als das Highlight der Ostküste beschrieben, was einiges heißen mag, wenn man die ganzen restlichen Erlebnisse der letzten Tage noch im Hinterkopf hat. Vor Ort folgt dann allerdings eine ziemliche Ernüchterung. Der Ausblick vom Bluff Hill auf den Hafen ist zwar ganz nett, aber wirklich abgewinnen kann ich dem Ort nichts. Definitiv schöner ist der Blick auf Napier aus der Entfernung, erstreckt sich die Stadt doch rund um einen steilen Felsen, der wie eine Halbinsel ins Meer hinausragt.
Regenwetter auf dem Weg nach Taupo
So kehre ich etwas enttäuscht wieder um und biege auf den SH5 ein, der mich über 130 Kilometer durch eine der abgelegensten Regionen Neuseelands nach Taupo leiten wird. Ortschaften sucht man entlang der Strecke vergebens. Dafür beginnt es bereits nach kurzer Zeit zu regnen. Wieder einmal schlängelt sich die Straße über etliche Bergpässe, bis ich schließlich auf einen Wegweiser zu einem der häufigen „Scenic Lookouts“ treffe.
Meistens verbirgt sich hinter diesen Plätzen tatsächlich eine sehenswerte Aussicht. So setze ich ohne zu zögern den Blinker und biege in eine kleine Stichstraße ab. Wegen des Regens und der tief hängenden Wolken bin ich allerdings zunächst skeptisch, ob die Aussicht tatsächlich so brillant ist. Aber ich werde eines besseren belehrt. Vom Parkplatz genieße ich trotz viel Nass von oben und eines stürmischen Windes einen atemberaubenden Blick auf einen großen Wasserfall. Die Kamera ist auch schnell gezückt, um das Spektakel auf den Sensor zu bannen. Hier erweist es sich mal wieder von Vorteil, dass meine Ausrüstung spritzwassergeschützt ist. Mit einer anderen hätte ich mich bei diesem Regen wohl nicht getraut.
Weltuntergangsstimmung im Niemandsland
Um das Praktische mit dem Nützlichen zu kombinieren, lege ich bei dieser Gelegenheit auch gerade noch meine Mittagsrast ein. Bei dieser verzehre ich zum ersten Mal seit meinem Abflug aus Deutschland ein ansatzweise knuspriges Stück Brot. Die Freude über so viel Genuss währt dann aber nur kurz, denn nach meiner Weiterfahrt geht der ohnehin schon starke Niederschlag in einen monsunartigen Regen über, der die Straße mit meinem Camper in eine nahezu unfahrbare Wasserrutsche verwandelt.
Die Drainage scheint auf den neuseeländischen Landstraßen überhaupt nicht zu funktionieren, was mir schon in den Tagen zuvor aufgefallen ist. Dies lässt das Fahren bei diesen Verhältnissen sowie den stark ausgeprägten Spurrillen zu einem Eiertanz werden. Immer wieder sorge ich mich um meinen ohnehin schon lädierten Toyota. Das Wasser spritzt spürbar gegen den Unterboden und teilweise bis auf Höhe der Dachreling. Und trotzdem machen von hinten ständig Autofahrer Druck. Überhaupt sind mir in den letzten Tagen vermehrt aggressive Autofahrer begegnet, was im Norden der Insel in keiner Weise an der Tagesordnung war. Nervtötend ist auch die Tatsache, dass man diese Kofferraumfahrer oftmals über Dutzende Kilometer nicht vorbeilassen kann, da schlichtweg weder eine Gerade noch eine Haltebucht am Straßenrand kommt. Letzteres hat sich in den vergangenen Tagen auch immer wieder in Sachen fehlender Haltemöglichkeiten für Fotos als nachteilig erwiesen.
Die Huka Falls als lohnendes Alternativprogramm
Kurz vor Taupo lichtet sich der Himmel dankenswerterweise, sodass ich bei leichtem Nieselregen in der heimlichen Hauptstadt des zentralen Vulkanplateaus eintreffe. Die Stadt, die sich am nordöstlichen Ende des Lake Taupo befindet, dem größten See Neuseelands, hat selbst nicht viel zu bieten, liegt aber insbesondere für Wanderaktivitäten an den nahegelegenen Vulkanen im Tongariro National Park sehr günstig.
Einige Kilometer nördlich der Stadt findet sich mit den Huka Falls auch noch eine interessante Touristenattraktion, zu der ich mich vom Navigationsgerät leiten lasse. Große Wanderungen sind bei dem heutigen unbeständigen Wetter kein Vergnügen. So bin ich nicht traurig darüber, dass sich der Parkplatz direkt an dem Wasserfall befindet. Selbiger erweist sich in der Tat als spektakulär. Wenngleich er bezogen auf die restlichen Wasserfälle, die ich bislang zu Gesicht bekommen habe, nur eine winzige Fallhöhe von rund zehn Metern besitzt. Dafür ist der Strom aber so stark, dass das Wasser trotzdem unter permanentem Lärm in die Tiefe rauscht.
Aufbruch in den Tongariro National Park
Nach dem Besuch der Huka Falls mache ich mir lange Gedanken, wie der weitere Tagesablauf aussehen soll. In den nächsten Tagen werde ich auf jeden Fall in den Tongariro National Park aufbrechen, um dort endlich die ersten ersehnten größeren Wanderungen auf meiner Reise in Angriff nehmen zu können. Das Wetter wird aber wohl leider nicht alles so zulassen wie erhofft. Erst am Sonntag und am Montag wirklich strahlender Sonnenschein zu erwarten ist. So überlege ich, zunächst nur bis nach Taurangi zu fahren und erst morgen in Richtung Nationalpark weiter zu reisen, um die Fahrzeit ein wenig aufzuteilen.
Ein kurzer Kontrollblick auf das Wetter verrät dann aber, dass es am morgigen Freitagvormittag kurzzeitig doch recht sonnig sein dürfte. So disponiere ich kurzerhand um und überlege mir, doch in einem Rutsch in den Nationalpark zu fahren. Auch wenn die Strecke noch rund 80 Kilometer beträgt. Das billige Benzin in Taupo lässt mich überlegen, noch einmal vollzutanken. Aber selbstverständlich habe ich das Ortsschild schon hinter mir gelassen, als mir dieser Gedanke in den Sinn kommt. Na gut, im nahegelegenen Turangi wird man wohl zu ähnlichen Preisen tanken können.
Tja, und wieder einmal habe ich die Rechnung ohne die neuseeländische Benzinpreispolitik gemacht. Satte 20 Cent kostet der Liter in Turangi mehr als in Taupo! Zurückfahren lohnt sich nun auch aber nicht mehr, sodass ich zähneknirschend 20 von möglichen 40 Litern tanke. Damit komme ich auf jeden Fall bis Palmerston North, wo sich die Preise hoffentlich wieder auf dem Niveau von Taupo bewegen. Immerhin finde ich noch einen Geldautomaten, wo ich ein wenig Bargeld für die nächsten Tage abhebe. Zumindest das verläuft dann auch mal ohne Probleme.
Übernachtung auf dem Mangahuia Campsite
Gegen 17 Uhr erreiche ich das Mangahuia Campsite, meine heutige Bleibe für eine Nacht. Genau wie gestern ist der Campingplatz nur mit einer Toilette ausgestattet, kostet aber auch wieder nur die üblichen 6 NZD. Die nächsten drei Tage übernachte ich dann voraussichtlich in Whakapapa, wo es einen etwas besser ausgestatteten Platz gibt. Das Abendessen ist im Gegensatz zum Vortag mit Nudeln und Tomatensauce wieder einmal wenig einfallsreich, tut aber nach der anstrengenden und langen Fahrt gut. Und vielleicht ist bis morgen auch endlich der Fischgeruch aus dem Camper verschwunden.
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Felix ist Fotograf und Autor, spezialisiert auf Landschafts- und Reisefotografie und zu Hause im Saarland und der ganzen Welt. Wenn er nicht gerade in der Natur oder den Bergen unterwegs ist, schreibt er hier über seine Reisen, die Fotografie oder über sein liebstes Fortbewegungsmittel, die Seilbahn.