Milchstraße fotografieren: Fototechnik und Ausrüstung

Anders als in vielen anderen Bereichen der Fotografie spielt die Wahl der Ausrüstung beim Fotografieren der Milchstraße eine nicht unerhebliche Rolle. Fotografie kann nur dort funktionieren, wo Licht ist – und das gibt es nachts naturgemäß nicht im Überfluss. Genau genommen geht es wie eingangs erwähnt ja gerade darum, möglichst keine störenden Lichtquellen im Bild zu haben, um einen einwandfreien Blick auf die Sterne haben zu können. Einzige Lichtquellen sind daher im Optimalfall nur die Sterne selbst.

Die Belichtung eines Fotos setzt sich bekanntermaßen aus den drei Größen Verschlusszeit, Blende und Film-/ Sensorempfindlichkeit zusammen. Um möglichst viel Licht einzufangen, gibt es daher drei Möglichkeiten. Ein lichtstarkes Objektiv mit großer Offenblende, eine lange Verschlusszeit oder ein hoher ISO-Wert. Der Spielraum bei diesen drei Größen ist allerdings bei der Aufnahme der Milchstraße aus verschiedenen Gründen stark begrenzt und stellt daher hohe Anforderungen an die verwendete Ausrüstung. Im Folgenden sollen die Problematiken und Lösungsmöglichkeiten kurz erläutert werden.

Die Wahl der Verschlusszeit

Die zentrale Einschränkung bei der Sternenfotografie ist es, dass der Verschlusszeit durch die Erdrotation begrenzt ist. Lange Verschlusszeiten führen dazu, dass die Sterne keine Punkte mehr darstellen, sondern verwischen. Dem kann mit entsprechenden Nachführkonstruktionen auf dem Stativ entgegengewirkt werden. An dieser Stelle soll aber die Aufnahme ohne eine solche Nachführung erläutert werden.

Wann die Sternenspuren im Foto sichtbar werden, hängt neben der Verschlusszeit entscheidend von der gewählten Brennweite ab. Je weitwinkliger das Objektiv ist, desto länger kann die Belichtung dauern, ohne dass Spuren sichtbar werden. Zur Berechnung der maximal möglichen Verschlusszeit kann folgende Formel herangezogen werden:

500 / (Brennweite (in mm) * Cropfaktor) = Max. Verschlusszeit (in s)

Dabei ist bei der Brennweite darauf zu achten, dass die reale Brennweite eingesetzt wird und nicht die auf Kleinbild umgerechnete Brennweite! Insbesondere bei Kompaktkameras wird herstellerseitig gerne die kleinbildäquivalente Brennweite angegeben. Die Angabe der realen Brennweite befindet sich i. d. R. vorne auf dem Objektiv. Natürlich kann auch mit der bereits auf das Kleinbildformat umgerechneten Brennweite gerechnet werden, dann ist allerdings der Cropfaktor bei der Berechnung außen vor zu lassen.

Beispiele:

  • Ultraweitwinkel 16mm am Vollformatsensor (Cropfaktor = 1): 500 / (16 * 1) = 31 s
  • Standard-Kitobjektiv 18mm an APS-C (Cropfaktor = 1,5): 500 / (18 * 1,5) = 19 s
  • Kompaktkamera mit 1“-Sensor (Reale Brennweite, Cropfaktor 2,7): 500 / (8,8 * 2,7) = 21 s
  • Kompaktkamera mit 1“-Sensor (Kleinbildäquivalent, Cropfaktor 1): 500 / (24 * 1) = 21 s

Die Übergänge zwischen Sternen-Punkten und -Spuren sind dabei fließend, weswegen die errechnete Verschlusszeit eher als Richtlinie angesehen werden kann. Je nach Qualitätsanspruch an das spätere Bildergebnis kann diese natürlich nach unten oder oben korrigiert werden.

Die Wahl der Blende

Mit der Wahl der Brennweite kommen wir unweigerlich zur Wahl eines geeigneten Objektivs. Wie bereits erwähnt ermöglicht ein weitwinkligeres Objektiv eine längere maximale Verschlusszeit ohne Sternenspuren. Grundsätzlich empfiehlt es sich daher, ein Ultraweitwinkelobjektiv oder bei Kameras ohne Wechselobjektiv die weitwinkligste Stellung zu nutzen. Um möglichst viel Licht in der begrenzten Zeit einzufangen, ist zudem ein lichtstarkes Objektiv mit großer Offenblende nützlich. Grundsätzlich gilt hier, je größer die Offenblende, desto besser.

Bei Kameras mit Sensor im Kleinbildformat sollte die maximale Blendenöffnung mindestens f/4.0 bei Ultraweitwinkelobjektiven betragen, besser aber f/2.8. Bei größeren Brennweiten ist es aufgrund der geringeren maximal möglichen Verschlusszeit empfehlenswert, noch lichtstärkere Objektive zu verwenden (z. B. 24mm f/1.4). Natürlich lassen sich auch mit lichtschwächeren Objektiven noch Aufnahmen der Milchstraße anfertigen, jedoch muss dann die Sensorempfindlichkeit entsprechend erhöht werden, was zu stärkerem Bildrauschen führt.

Aufgrund des schlechteren Rauschverhaltens kleinerer Sensoren sind bei diesen noch größere Blendenöffnungen für eine vergleichbare Bildqualität erforderlich. Beim APS-C-Format sollte die Offenblende etwa eine Blende größer sein als beim Kleinbildformat, beim Micro-Four-Thirds-Format zwei Blenden und bei Sensoren im 1“-Format im Optimalfall drei Blenden. Speziell bei letzterer Kategorie gibt es allerdings keine entsprechenden Objektive, sodass hier zwangsläufig eine etwas schlechtere Bildqualität in Kauf genommen werden muss. Wie man trotzdem auch mit einer Kompaktkamera die Milchstraße fotografieren kann, zeige ich in diesem Beitrag.

Zusammengefasst seien noch einmal die Mindestanforderungen an die Offenblende des Objektivs für die verschiedenen Sensorformate dargestellt:

  • Vollformat / Kleinbild: f/2.8 – f/4.0
  • APS-C: f/2.0 – f/2.8
  • Micro Four Thirds: f/1.4 – f/2.0
  • 1“-Kompaktkameras: f/1.4 – f/1.8

Die Wahl der Sensorempfindlichkeit

Die dritte Größe, die variiert werden kann, ist die Sensorempfindlichkeit, im Allgemeinen als ISO bezeichnet. Typischerweise liegt der ISO-Wert bei der Milchstraßenfotografie im Bereich zwischen 800 und 6400 und hängt indirekt von Blende und Brennweite ab. Eine größere Blende führt zu einem niedrigeren ISO-Wert, genauso führt eine geringere Brennweite (aus der sich eine längere maximale Verschlusszeit ergibt) zu einem niedrigeren ISO-Wert. Für eine korrekte Belichtung sollte die Kombination aus Belichtungszeit, Blende und ISO-Wert zu einem Lichtwert von -7 LW führen. Die folgende Übersichtstabelle listet Kombinationen auf, die zu einem Lichtwert von -7 LW führen. Gegebenenfalls müssen die Parameter je nach Verhältnissen geringfügig variiert werden, um Über- oder Unterbelichtungen zu vermeiden.

Beispiele für Belichtungskombinationen

Brennweite (KB)16 mm20 mm24 mm35 mm50 mm
Brennweite (APS-C)10 mm14 mm16 mm23 mm35 mm
Brennweite (MFT)8 mm10 mm12 mm17 mm25 mm
Brennweite (1“)5,9 mm7,3 mm8,8 mm12,8 mm18,3 mm
Blende / ISO / Zeit30 s25 s20 s15 s10 s
f/1,4ISO    800ISO 1.000ISO   1.250ISO   1.600ISO   2.500
f/1,8ISO 1.250ISO 1.600ISO   2.000ISO   2.500ISO   3.200
f/2,0ISO 1.600ISO 2.000ISO   2.500ISO   3.200ISO   5.000
f/2,8ISO 3.200ISO 4.000ISO   5.000ISO   6.400ISO 10.000
f/4,0ISO 6.400ISO 8.000ISO 10.000ISO 12.800ISO 20.000

Milchstraße über der Saarschleife bei Orscholz im Saarland (Brennweite 16mm, Belichtungszeit 30s, Blende f/2.8, ISO 3.200)

Weitere Einstellungen

Fokus und Bildstabilisator

Neben der Belichtung spielen auch noch weitere Kameraeinstellungen eine Rolle. Aufgrund der langen Belichtungszeit ist die Nutzung eines Stativs unumgänglich. Wie immer bei Stativaufnahmen ist – falls vorhanden – der Bildstabilisator des Objektivs oder der Kamera auszuschalten. Da der Autofokus bei völliger Dunkelheit nicht mehr funktionieren wird, muss manuell fokussiert werden. Dazu den Fokus auf manuell stellen und solange am Fokusring drehen, bis die Unendlich-Markierung erreicht ist (Achtung: bei vielen Objektiven ist das nicht der Anschlag des Fokus, da der Fokus häufig über die Unendlich-Markierung hinausgeht!). Eine andere Möglichkeit ist es, im Liveview der Kamera, ggf. durch Unterstützung via Focus Peaking oder Lupenfunktion auf einen Stern manuell zu fokussieren, bis dieser scharf ist.

Fernauslöser

Um Verwacklungen durch das Drücken des Auslösers zu vermeiden, sollte nach Möglichkeit ein Fernauslöser (entweder per Kabel oder bei neueren Kameras auch via WLAN) verwendet werden. Eine Alternative stellt die Nutzung des Selbstauslösers dar. Bei Spiegelreflexkameras kann zusätzlich die Funktion Spiegelvorauslösung genutzt werden. Durch diese wird der Spiegel vorab umgeklappt und die Aufnahme kann durch ein erneutes Drücken des Auslösers gestartet werden. Dadurch werden Erschütterungen, die durch den Spiegelschlag entstehen, vermieden.

Dateiformat, Weißabgleich und Rauschreduzierung

Zu guter Letzt sollte in jedem Fall das RAW-Format für die Aufnahme genutzt werden. Die zusätzlichen Bearbeitungsmöglichkeiten gegenüber dem JPG-Format sind bei der Milchstraßenfotografie von essentieller Wichtigkeit. Tipps zur Bearbeitung des Fotos finden sich im letzten Kapitel dieses Tutorials. Auch der Weißabgleich sollte manuell festgelegt werden, da der automatische Weißabgleich vieler Kameras bei solchen Nachtaufnahmen nicht mehr zuverlässig arbeitet. Es empfiehlt sich ein Wert von 3700 K. Bei Nutzung des RAW-Formats kann dieser Wert aber auch noch im Nachhinein bei der Bildbearbeitung am Rechner angepasst werden.

Die Rauschreduzierung der Kamera sollte ausgeschaltet sein. Ist das nicht der Fall, macht die Kamera nach jedem Foto eine weitere Aufnahme mit gleicher Belichtungszeit bei geschlossenem Verschluss (sogenanntes Darkframe). Dies dient dazu, das Rauschen und zu heiß gewordene Bildelemente (Hotpixel) zu reduzieren. Nach meiner Erfahrung können diese Dinge allerdings von allen modernen RAW-Konvertern in der Nachbearbeitung automatisch entfernt werden, sodass man sich diesen zeitaufwendigen Vorgang vor Ort sparen kann.

Weiter zu Teil 3: Empfehlungen für Kameras und Objektive

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